Orte der (Un-)Sichtbarkeit
Die Geschichten von Menschen, die aus der DDR nach Hamburg gekommen sind, waren bisher kaum sichtbar, es fehlte das Wissen um Orte, die etwa an das Ankommen in der Hansestadt erinnern. Das Projekt „Orte der (Un-)Sichtbarkeit“ beschäftigt sich mit genau diesen Erinnerungen und persönlichen Erlebnissen von Flucht bzw. Ausreise und (Nicht-)Ankommen in einer westdeutschen Metropole.
Hamburg hat kaum Erinnerungsorte, die an die SED-Diktatur und die Geschichte der DDR erinnern, aber es gibt zahlreiche Menschen, die sich erinnern. Im Zuge des Projektes wurden zahlreiche Gespräche und Interviews mit Zeitzeug:innen geführt, die zu verschiedenen Zeiten, aus unterschiedlichen Gründen und auf diversen Wegen aus der ehemaligen DDR nach Hamburg gekommen sind. Dabei reicht die Zeitspanne von 1953 bis zum Fall der Mauer.
Aus den Gesprächen hat das Projektteam gemeinsam mit Studierenden der Public History einen Audiowalk durch Hamburg entwickelt. Dieser führt in fünf Touren zu insgesamt 16 Orten, die für die Zeitzeug:innen von besonderer Bedeutung waren und sind. Der Audiowalk lädt dazu ein, nicht nur unbekannte Orte kennenzulernen, sondern auch bekannte Orte durch die Geschichten der Zeitzeug:innen neu zu entdecken. Der Audiowalk wird im Rahmen einer Sonderausstellung präsentiert. Diese lädt dazu ein, einige Audiostationen anzuhören und die Lebensgeschichten der Zeitzeug:innen kennenzulernen: Warum wollten sie in den Westen fliehen oder ausreisen? Wie und aus welchen Gründen sind sie nach Hamburg gekommen und wie wurden sie hier aufgenommen?
Dieses Kooperationsprojekt zeigt, wie nah Wissenschaft an den Menschen und ihrem Leben sein kann. Sie reicht im wahrsten Sinne des Wortes in die Hansestadt hinein und die Forschungsergebnisse werden insbesondere in den multimedialen Touren für alle Interessierten direkt erlebbar. Es wird eine bedeutende Zeit der deutschen Geschichte neu beleuchtet, lokal verbunden und auf neue Art erlebbar gemacht […].
Highlight des Projekts
Ein Highlight war unser erster Workshop. Mit jungen Menschen mit teilweise eigener Fluchtgeschichte waren wir an der Lettow-Vorbeck-Kaserne - ein kontroverser Ort, der auch für Ankommende aus der DDR in den 1950er wichtig war. Hier konnten wir uns über Orte, Flucht und (Nicht-)Ankommen austauschen. Der Workshop bestärkte uns, dass die „Orte der (Un-)Sichtbarkeit“ gerade für junge Menschen einen guten Zugang bieten, an denen sich Themen von Geschichte und Gegenwart verknüpfen lassen.
Das Projekt in Zahlen
80
gemeldete Zeitzeug:innen
5
Touren im Audiowalk
16
Stationen
22
Kilometer
„Jugend erinnert“ hat es uns ermöglicht, einen wichtigen Anstoß für die erinnerungskulturelle Verhandlung von DDR-Erinnerung in Hamburg zu leisten. Mit dem Projekt „Orte der (Un-)Sichtbarkeit“ konnten wir damit verbundene Themen vor allem für eine jüngere Generation aufbereiten und Räume zur Auseinandersetzung mit Unrechts-, Migrations- und Fluchtdiskursen im Rahmen multiperspektivischer Anknüpfungspunkte in Geschichte und Gegenwart schaffen. Darüber hinaus haben sich im Kontext des Förderprogramms hilfreiche und produktive Netzwerke ergeben/vertieft.